Deutsche College-Boys trumpfen auf

Diese Wildcards haben sich mal richtig gelohnt! Yannick Hanfmann und Dominik Koepfer haben ihre Außenseiterchance bei den Hamburg European Open genutzt und stehen nach phasenweise beeindruckenden Leistungen

Die beiden Deutschen gewannen ihre Erstrundenspiele und zogen damit in die zweite Runde am Rothenbaum ein. Hanfmann setzte sich in nur 74 Minuten mit 6:4, 6:3 gegen den Weltranglisten-Neunten Gael Monfils  durch. Koepfer machte seinem Spitznamen „Pitbull“ alle Ehre und rang parallel auf Court M1 in knapp zweieinhalb Stunden den Japaner Yoshihito Nishioka, Nummer 51 der Welt, mit 7:6 (0), 4:6 und 6:1 nieder.

Philipp Kohlschreiber musste sich dagegen bei seinem 16. Turnierstart hier nach einem großen Kampf mit 4:6, 6:1, 5:7 dem Italiener Fabio Fognini geschlagen geben. Jan Lennard Struff servierte bei seiner 6:7 (5:7), 6:4, 5:7-Niederlage gegen den Russen Karen Khachanov schon zum Match, schied am Ende aber ebenfalls aus.

Hanfmann und Koepfer sind die „College-Boys“ des deutschen Tennis. Mit 28 und 26 Jahren sind sie wahrlich keine Jungspunde mehr. Beide sind einen ähnlichen Weg in den Profisport gegangen: über die USA. Koepfer studierte und spielte zwischen 2012 und 2015 an der Tulane Universität in New Orleans. Hanfmann war als Student und Collegespieler an der University of Southern California in Los Angeles erfolgreich. Für beide offenbar der richtige Weg, um als Mensch und Tennisspieler zu wachsen. „Das College war für mich ein guter Schritt, da konnte ich mich entwickeln und trainieren wie es in Deutschland wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre“, sagt Koepfer, „außerdem hätten es meine Eltern nie erlaubt, dass ich ohne Ausbildung Tennisprofi werde.“ So klingt baden-württembergische Bodenständigkeit.

Boris Becker, der „Head of Men´s Tennis“ im Deutschen Tennis Bund und Daviscup-Kapitän Michael Kohlmann sahen mit Freude, was die beiden „neuen“ Spieler aus „zweiten Reihe“ leisteten. „Hanfmann ist ein toller Junge, der sehr fleißig ist“, lobte Becker, „und Koepfer habe ich vor einem Jahr beim Davis Cup kennengelernt und war sehr beeindruckt.“

Mit ihren Siegen am Montag haben beide in der Weltrangliste in der kommenden Woche schon Karriere-Bestleistungen erreicht. Hanfmann klettert von Platz 103 mindestens auf Rang 96,  Koepfer wird sich auf Platz verbessern 61 – und das muss ja noch nicht das Ende sein, je nachdem, was sie in Hamburg sonst noch leisten.

„Es war mein erster Sieg  gegen einen Top-Ten-Spieler“, freute sich der 28 Jahre alte Münchner Hanfmann über das spezielle Karriere-Highlight, das er am Rothenbaum feiern durfte. Dass sein Gegner Gael Monfils eine Verletzungspause nahm, bedeutet nichts: „Es lief da gerade gut für mich. Ich musste versuchen, meinen Rhythmus zu behalten.“ Das ist ihm gelungen, auch mit dem Selbstvertrauen, dass er sich durch die jüngsten Erfolge geholt hat. Beim Turnier in Kitzbühel vor zwei Wochen spielte er sich durch die Qualifikation bis ins Finale. „Mein Saisonziel war ein Platz in den Top-100 und die automatische Qualifikation für das Hauptfeld der Australian Open. Check! Schon erreicht – aber Zufriedenheit ist nicht: „Ich bin gut drauf, ich rechne mir auch für das nächste Match gute Chancen aus“.

Nächster Gegner am Mittwoch ist der Chilene Cristian Garin. „Das wird wieder eine Herausforderung, er macht kaum Fehler. Aber ich freue mich drauf.“  Noch schwerer hat es von der Papierform her Koepfer erwischt. Auf ihn wartet im Match des Tages der an vier gesetzte Spanier Roberto Bautista Agut, der am Dienstag Titelverteidiger Nikoloz Basilashvili eliminierte. „Ich rechne mir schon Chancen aus“, sagt Koepfer mit dem frischen Selbstvertrauen der jüngsten Erfolge, „Sand ist eventuell nicht sein bester Belag.“ Ganz besonders ist es für ihn, nun endlich mal auf den Center Court zu kommen, nachdem er am Montag noch auf M1 ohne Zuschauer aktiv war: „Ich freue mich sehr darauf, erstmals in Deutschland bei einem ATP-Turnier vor Fans zu spielen.“

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