Der Durchbruch des Daniil Medvedev am Rothenbaum
Daniil Medvedev erinnert sich noch genau. „Hamburg“, sagte der Russe, „das war mein Durchbruch. Das vergisst man nicht als Spieler.“ 2016 war der damals 20-Jährige zur Qualifikation an den Rothenbaum gereist. Mit zwei Siegen spielte sich der 217. der Weltrangliste in das Hauptfeld des 500er-Turniers, schaltete in der ersten Runde Jan-Lennard Struff aus und scheiterte schließlich im Achtelfinale knapp an dem Spanier Daniel Gimeno-Traver. Jetzt kehrt er als Weltranglisten-Fünfter zurück und ist bei den Hamburg European Open 2020 (19. bis 27. September) an Position eins gesetzt.
Der Russe ist einer der Spieler, die bereit stehen, das Erbe der „Großen Drei“ Federer, Nadal und Djokovic zu übernehmen. „Das Finale bei den US Open letztes Jahr erreicht zu haben, hat mir viel Selbstvertrauen gegeben und mir gezeigt, was möglich ist“, sagte der glühende Fan des FC Bayern München.
Auch in diesem Jahr spielte er in New York groß auf, ohne Satzverlust stieß er in das Halbfinale vor, wo dann der spätere Champion Dominic Thiem zu stark war. „Ich habe mich gefreut, dass er den Titel geholt hat“, erzählte Medvedev am Sonntag beim „Vorstellungsgespräch“ am Rothenbaum: „Er war der beste Spieler im Turnier.“
Dass er jetzt wieder in Hamburg aufschlägt, hat natürlich nicht nur mit den guten Erinnerungen an die Zeit vor vier Jahren zu tun, sondern mit dieser ganzen verrückten Corona-Saison. Die Hamburg European Open sind nun mal das letzte Turnier vor den French Open in Paris, die letzte Gelegenheit noch einmal Spielpraxis zu sammeln. „Weil ich in New York im Halbfinale war, war mir Rom zu kurz danach“, begründet er seine Entscheidung und ergänzte: „Ich bin froh, hier zu sein. Das ist eine gute Vorbereitung auf Roland Garros.“
Auch Daniil Medvedev freut sich darauf, dass nun wieder Fans den Spielern zusehen können. In New York sei es schon gespenstisch gewesen in den leeren Arenen. Gerade er ist ja ein Spieler, der mit dem Publikum gerne interagiert, was nicht jedem gefällt. Seit den US Open 2019 hat er für einige ein „Bad-Boy-Image“ inne. Dabei ist Medvedev abseits des Platzes ein zurückhaltender, smarter und eloquenter Gesprächspartner, dem auch manchmal der Schalck im Nacken sitzt.
Die Deutsche Andrea Petkovic hat ihn spaßeshalber als Lieblingsbesetzung „für den Bösewicht im nächsten James-Bond-Film“ vorgeschlagen. „Ach, ich versuche kein Bösewicht zu sein sondern so, wie ich bin“, .lachte Daniil Medvedev. „Und ich bin froh, wenn die Leute meinen Charakter mögen.“